Der Wilde Westen war eine Zeit der Gesetzlosigkeit und Freiheit. Im Wilden Westen waren die Männer noch echte Männer, die Banken überfielen, auf Pferden ritten und gegen amerikanische Ureinwohner kämpften. So denken wir zumindest oft über den Wilden Westen.
In den Filmen wird diese Zeit oft als Zeit der attraktiven, hochgewachsenen Helden dargestellt, die Steppenläufern nachjagen, die hübschesteten Frauen haben und Ganoven dingfest machen. In der Realität war der Wilde Westen jedoch gar nicht so wild wie man meint. Wir präsentieren 11 falsche Mythen über den Wilden Westen – und sagen, wie es zu Zeiten von Billy the Kid wirklich war.
1. Banküberfälle gab es nur sehr selten
Banküberfälle gehören in Western-Streifen zur Tagesordnung. Im echten alten Westen waren sie jedoch eine äußerste Seltenheit. Larry Schweikart von der Stiftung für wirtschaftliche Freiheit stellte fest, dass im Wilden Westen zwischen 1860 und 1900 nur acht Banküberfälle stattgefunden haben. Der Grund dafür waren auch die strengen Sicherheitsvorkehrungen in den Banken.
Die Sheriffs waren nie weit entfernt und selbst die Bankangestellten waren bereit, ihre Bank mit Feuergewalt zu verteidigen. Viele Kriminelle hatten schlicht Angst davor, eine Bank zu überfallen und beließen es deshalb bei kleineren Viehdiebstählen. Zugüberfälle kamen dagegen regelmäßiger vor, weil Züge in unberührter Prärie in der Regel kaum Schutz hatten.
2. Cowboys waren unhygienisch
Ein Mythos der tatsächlich stimmt: Cowboys waren nicht besonders hygienisch. Viele Westernhelden werden in den Filmen als gut gepflegte und glatt rasierte Burschen gezeigt. In Wahrheit hatten die Cowboys des 18. Jahrhunderts gar nicht die Möglichkeit, regelmäßig zu baden. Sauberes Wasser gab es nur in den großen Salons und Seife, die damals noch aus tierischen Fetten hergestellt wurde, war ein Luxusgut.
Es gab weder Zahnärzte noch Nagelstudios. Die amerikanischen Ureinwohner waren deutlich sauberer als die Cowboys, da sie die Möglichkeit hatten, in Seen zu baden und zudem weniger herumreisten. Dass der Wilde Westen ein schmutziges Zeitalter war, stimmt also zumindest zum Teil.
3. Frauen durften im Wilden Westen arbeiten
Frauen hatten es im Wilden Westen schwer. Nicht nur wurden sie sexualisiert, auch arbeiten durften sie oft nicht. Der Grund dafür war kein explizites Verbot, sondern der Unwille vieler Männer, Frauen anzustellen. Das änderte sich jedoch während der Hochzeit des Wilden Westens. Damals feuerte der Salon-Besitzer Fred Harvey kurzerhand all seine männlichen Kellner und ersetzte sie durch Frauen.
Er war es Leid geworden, ständig Streitereien zwischen Männern mitzubekommen. Deshalb stellte er nur noch Frauen ein und bildete sie für 30 Tage aus. Dieser Schritt zahlte sich nicht nur für die Frauen aus. Auch Fred Harvey profitierte, denn die Frauen waren nicht nur friedfertiger, sondern bekamen auch mehr Trinkgeld.
4. Schusswaffen waren verboten
Kaum zu glauben, aber wahr: Schusswaffen waren im Wilden Westen verboten. In fast jeder Stadt war es nicht erlaubt, Pistolen frei herumzutragen. Ganze Staaten wie Kentucky und Louisiana verboten im Wilden Westen das Tragen von Schusswaffen.
Dodge City, eine der wichtigsten Städte im Wilden Westen, stellte sogar Schilder auf: „Das Tragen von Schusswaffen ist streng verboten.“
In den Filmen wird dies natürlich immer ganz anders dargestellt, denn in „Für eine Handvoll Dollar“ und Co. tragen die Helden stets ein heißes Eisen unter dem Mantel. Heutzutage ist es in den USA fast überall erlaubt, Waffen zu tragen, womit Amerika heute wilder ist als vor 200 Jahren.
5. Cowboy-Hüte waren nicht beliebt
Cowboy-Hüte sind untrennbar mit dem Wilden Westen verbunden. In beinahe jedem Western tragen die Protagonisten eine solche Kopfbedeckung, die auch als Stetson-Hut bekannt ist. In Wahrheit wurden Cowboy-Hüte jedoch äußerst selten getragen.
Sie wurden sogar erst im Jahre 1865 erfunden. John B. Stetson orientierte sich bei dem kultigen Hut an den mexikanischen Vaqueros. Das National Cowboy Museum gibt an, dass der Cowboy-Hut viele Male umgestaltet wurde, bevor sein endgültiges Design feststand. Beliebt wurde der Hut erst im 19. und 20. Jahrhundert, was vor allem auf seine Langlebigkeit zurückzuführen ist. Erst in den letzten hundert Jahren hat sich der Cowboy-Hut endgültig zum Kultobjekt entwickelt.
6. Cowboys waren nur 1,60 Meter groß
Die Cowboys im Wilden Westen waren keine großgewachsenen Männer, wie Hollywood uns das weißmachen will. Die meisten Männer waren damals deutlich kleiner als die heutige Generation Männer. So waren viele Männer höchsens 1,60 Meter groß. Die größten Cowboys waren also kaum größer als der heutige Durchschnittsmann.
Überraschend daran ist, dass die Menschen im Mittelalter größer waren als die Cowboys. Man fand heraus, dass die Menschen zwischenzeitlich kleiner wurden, bevor sie wieder größer wurden. Auch im Wilden Westen war die Nahrung knapp und die Menschen eher klein. Das änderte sich im 20. Jahrhundert, weshalb Clint Eastwood und Co. deutlich größer sind als die echten Western-Helden.
7. Im Wilden Westen gab es Staus
In den Filmen ist der Wilde Westen eine Prärielandschaft mit kleinen Städten und kargen Hügeln. In der Realität gab es im Wilden Westen jedoch riesige Städte. Spätestens zum Ende des Western-Zeitalters wurden die Städte so groß, dass es die ersten Staus gab.
Diese Kutschen-Staus waren vor allem darauf zurückzuführen, dass es immer mehr Menschen in die amerikanischen Städte zog. Alleine zwischen 1880 und 1900 zogen 15 Millionen Menschen in die urbanen Gebiete. Die kleineren Städte wurden nach und nach zu Geisterstädten, während die Großstädte rasant wuchsen. Das unbeschwerte ruhige Leben gab es auch im Wilden Westen nur in ländlichen Gebieten.
8. Nicht jeder Cowboy konnte reiten
Wer an Cowboys denkt, der denkt an Männer auf Pferden. Doch bei Weitem nicht alle Cowboys konnen überhaupt reiten. Nur ein kleiner Teil der Cowboys war auf Pferden unterwegs. Viele ritten auf Kamelen oder Eseln. Der Grund dafür war der Viehrückgang infolge von Krankheiten. Zudem wurde in den späten 1900er Jahren der Stacheldraht erfunden, welcher zu Pferd ein tödliches Risiko darstellte.
Die schlauen Cowboys stiegen immer öfter ab und waren zu Fuß oder auf kleineren Reittieren unterwegs. Auch Pferdekutschen waren ein beliebtes Gefährt, dass bei Cowboys besonders gut ankam – weil sie nicht selbst reiten mussten und Gesellschaft von anderen Cowboys hatten.
9. Indianer waren keine Bedrohung
Viele Western vermitteln ein falsches Bild von Indianern. Die amerikanischen Ureinwohner werden oft als aggressive Raubzügler dargestellt, die unschuldige Siedler attackieren. In Wahrheit war der Wilde Westen sogar sicherer als die heutige USA. Der Historiker Roger McGrath bezeichnet den Wilden Westen als „zivilisiert, friedlich und sicher“ und meint damit auch die Indianer.
Zwar kam es immer wieder zu Kämpfen zwischen Indianerstämmen, das Hauptaugenmerk lag jedoch auf dem Handel. Das Buch“ Hard Road West: History and Geology Along the Gold Rush Trail“ verdeutlicht, dass Indianer oft selbst Opfer von Straftaten wurden. Anders als in den Filmen sind und waren die amerikaischen Ureinwoher also besonders friedfertig.
10. Wehende Steppenläufer gab es im Wilden Westen nicht
Wehende Steppenläufer und der Wilde Westen gehören zusammen wie Cowboys und ihre Pferde. Doch diese Art der Heuballen tauchte in Amerika erst im Jahre 1877 und damit weit nach der Hochzeit des Wilden Westens auf. Ukrainische Bauern brachten die Steppenläufer Ende des Jahrhunderts in die USA und sorgten damit für ihre rasche Ausbreitung. Schließlich handelt es sich bei Steppenläufern um eine invasive Art, die auch heute noch in Amerika zu finden ist.
In den Spaghetti-Western wurde mit einer Sequenz der wehenden Steppenläufer Spannung aufgebaut. Tatsächlich bringen die wehenden Teile ein echtes Risiko mit sich, da sie schnell einmal entflammen und Brände verursachen können.
11. Der Wilde Westen war gar nicht so wild
Der Wilde Westen gilt natürlich als besonders wilde Zeit. In Wahrheit war der Wilde Westen nicht besonders wild. Auch gesetzlos war er nicht. Tatsächlich herrschten damals mindestens ebenso viele Gesetze wie heute. Der Ruf der Gesetzlosigkeit stammt aus einer Zeit, in der Figuren wie Billy the Kid die USA unsicher machten.
Die reißerischen Berichte damaliger Zeitungen gaben dem Wilden Westen ert seinen Ruf. Zudem waren die wenigen schweren Verbrechen, wie Zugüberfälle zum Beispiel, besonders spektakulär und wild. Wie der Historiker W. Eugene Hollon einst sagte: „Der Wilde Westen war zivilisierter und in vielen Dingen auch friedlicher als das Amerika von heute.“