Binge-Watching definiert meist den bekannten klassischen Serienmarathon. Das englische Wort „to bing“ kann mit „verschlingen“ übersetzt werden. Dabei werden viele Folgen oder sogar komplette Staffeln einer Serie am Stück angesehen. Aber auch auf YouTube-Videos oder Filme kann die Definition übertragen werden, wenn die Formate über lange Zeit konsumiert werden.
Endloses Ansehen von Unterhaltungs- und Informationsinhalten ist in der gegenwärtigen Medienkultur zu einer Art Grundnahrungsmittel geworden. Ist eine Serie zu Ende geschaut, liefern die Streaming-Dienste bereits neuen Content. Die Neugier ist geweckt und es fällt schwer, einfach mal abzuschalten. Das Marathon-Glotzen ist fast mit einer Sucht zu vergleichen. Es macht was mit dem Menschen, wenn er stundenlang an den Bildschirm gefesselt ist.
1. Binge-Watching und die menschliche Psychologie
Das beschriebene Phänomen lässt sich ganz einfach erklären. Empathie beschreibt die menschliche Fähigkeit, sich in die Gefühle anderer Menschen hineinzuversetzen. Dasselbe passiert beim Ansehen von Serien, Filmen oder anderen Inhalten. Die heutigen Medien bieten immer neuen Content. Der Mensch nimmt gern an den emotionalen Storys anderer, manchmal sogar fiktiver Figuren teil.
Einfach hinsetzen und die Neuen Medien zu konsumieren ist zu einem sehr beliebten Zeitvertreib geworden. Zudem stehen ständig neue Inhalte zur Verfügung, sei es eine neue Staffel der Lieblingsserie oder das nächste YouTube-Video. So vergehen schnell ein paar Stunden, ohne dass es der Konsument bewusst wahrnimmt. Zwar hört es sich harmlos an, aber dieses Verhalten kann spürbare Folgen nach sich ziehen.
2. Folgen des Binge-Watching
Durch stundenlanges Konsumieren von YouTube-Videos, Filmen oder Serien am Abend oder sogar bis in die Nacht hinein fehlt es an Schlaf. Am nächsten Tag fühlen sich Betroffene schlapp und erschöpft. Das ganze Verhaltensmuster ist wie eine Abwärtsspirale. Wer sich antriebslos und traurig fühlt, konsumiert dann wieder stundenlang die neusten Inhalte.
Das Binge-Watching stellt in solch einem Fall eine kurzfristige Ablenkung dar. Mit den Gründen für die depressive Stimmung wird sich so jedoch nicht auseinandergesetzt. Ohne Zweifel ist das Marathon-Glotzen ein echter Zeitfresser. Freundschaften, Hobbys, Arbeit und andere tägliche Aufgaben werden vernachlässigt. Im schlimmsten Fall geraten Betroffene durch Binge-Watching in eine komplette soziale Isolation.
3. Flucht aus der Realität
Die Folgen werden Betroffene nicht gleich bemerken. Das Anschauen der Lieblingsserien oder der neusten YouTube-Videos manchen anfangs Spaß. Der willkommene und amüsante Zeitvertreib kann aber langsam zur Angewohnheit übergehen. Es wird dann sehr schwerfallen, seine Angewohnheiten wieder zu ändern. Daher ist es sehr wichtig, seine Gewohnheiten und damit sein Wohlbefinden genau im Auge zu halten.
Netflix gab bereits im Jahr 2013 eine Studie in Auftrag, die von der Harris Interactive durchgeführt wurde. Ergebnis war, dass mehr als dreiviertel der Menschen Binge-Watching als Flucht aus der Realität und ihrem stressigen Alltag sahen. Der Mensch kann sich dank seiner Empathie ganz genau in andere hineinversetzen oder die Dinge aus der Perspektive anderer sehen.
4. Der Suchtfaktor darf nicht unterschätzt werden
So entzieht sich der Mensch für eine gewisse Zeit der Wirklich und findet sich in der Fiktion wieder. Ähnliches kann auch beim Lesen eines guten Romanes oder Thriller passieren. Allerdings werden auf dem Bildschirm zusätzliche Aktionen und Bilder gezeigt, wodurch die Wirklichkeit vermeintlich real abgebildet wird. Dadurch ist ein höheres Suchtpotenzial gegeben.
Diese Flucht aus dem Alltag bindet das Publikum immer mehr in die Handlung ein und ist genau deshalb so packend. Betroffene fühlen sich als ein Teil einer großen Gemeinschaft. Psychologisch ist dieser Aspekt sehr relevant, wenn das Binge-Watching betrachtet wird. Die Gemeinschaft tritt in Interaktion, indem Serien gemeinsam angeschaut und anschließend Diskussionen darüber geführt werden.
5. Die Interaktion der Community
Serien und YouTube-Videos, die bei anderen in der Community sehr beliebt sind, werden selbst konsumiert. Inhalte die gefallen werden weiterempfohlen. Es ist wie ein Teufelskreis, alles muss gesehen werden. Nur so kann an der Interaktion der Community teilgenommen werden. Die Corona-Pandemie hat in den folgenden zwei Jahren solche Interaktionen zusätzlich angefeuert.
Soziale Kontakte und echte Charaktere kamen in den vergangenen zwei Jahren deutlich zu kurz. Viele Menschen ersetzten diese Lücke durch intensiven Serienkonsum. Serien-Charaktere können nicht nur Gesellschaft leisten. Betroffene können sich auch mit einem oder mehreren fiktiven Figuren identifizieren, was wiederum auch für ein zusätzliches Gemeinschaftsgefühl sorgt.
6. Die Rolle der Streaming-Dienste
Die menschliche Neigung zum Binge-Watching und Streaming-Dienste haben ganz neue Wege der Kommunikation eröffnet. Ganz einfach können neue Freunde, Gruppen und Menschen mit ähnlichen Interessen gefunden werden. Ständig wird über die neusten Serien, Filme oder YouTube-Videos diskutiert. Die Streaming-Dienste stellen immer wieder neuen Content zur Verfügung.
Die Interaktion der Community wird von den Streaming-Diensten zusätzlich angeheizt und funktioniert besser als jede Werbung. Wer sich aktiv in der Community beteiligt, wird auf Filme und Shows hingewiesen, die er ansonsten wahrscheinlich gar nicht entdeckt hätte. Es muss wiederum jeder Inhalt gesehen werden, um mitreden zu können.
7. Das klassische Fernsehen wird verdrängt
Vor allem bei jungen Erwachsenen und Jugendlichen wird das klassische Fernsehen immer mehr durch Streaming-Dienste verdrängt. Streaming-Anbieter und Video-Portale setzen geschickte Strategien ein, die das Binge-Watching zusätzlich verlockend machen. Beispielsweise werden zahlreiche Serien als komplett abgeschlossene Staffel und nicht Folge für Folge veröffentlicht. Der Zuschauer kann sich also zusammenhängende Episoden an einem Stück hereinziehen.
Das Konsumverhalten der Abonnenten wird durch die Streaming-Dienste genau ausgewertet. Auf dieser Grundlage werden Empfehlungen für neue Serien, Filme oder Videos angezeigt. So wird der Verbraucher gezielt auf neuen Content aufmerksam gemacht, den er sich ansonsten wahrscheinlich gar nicht angesehen hätte. Das Aufhören wird durch Autoplay-Funktionen, die auf die nächste Episode aufmerksam machen zusätzlich erschwert.
8. Binge-Watcher suchen ständig nach innerer Befriedigung
Binge-Watching sorgt auf einer Seite für ein großes Vergnügen, das durch die Verschmelzung mit einer Fantasiewelt ausgelöst wird. Betroffene werden selbst Teil einer verführerischen Fantasiegeschichte. Manch ein Mensch verspürt darin eine Belohnung, nach einem stressigen und langen Arbeitstag am Abend ein paar Stunden in seine Lieblingsserie einzutauchen.
Für Betroffene gibt es nichts Dramatischeres, als eine Episode mit einem offenen Ende abzuschließen. Sie wollen bestenfalls sofort herausfinden, wie es weiter geht, damit sich die innerliche Befriedigung einstellt. Diese Tatsache, zusammen mit dem Belohnungsgedanken, fördert zusätzlich das Binge-Watching. Letztendlich wird weiter geguckt, um zu wissen, was als nächstes passiert und was aus dem Lieblingscharakter wird.
9. Schnelle Verfügbarkeit von Inhalten
Beim klassischen Fernsehen musste sich das Publikum eine Serie oftmals eine ganze Woche gedulden, um nur eine neue Folge der Lieblingsserie sehen zu können. Heute stellen Streaming-Dienste komplette Staffeln komplett zur Verfügung. Dies bleibt allerdings nicht ohne Konsequenzen. Die Folgen des Binge-Watching sind sowohl psychisch, als auch physisch.
Betroffene leiden häufig unter Schlafproblemen wie Schlaflosigkeit, Müdigkeit oder schlechter Schlafqualität. Ursache hierfür ist Schlafmangel wegen des gleichzeitigen Bedürfnisses, unbedingt weiter schauen zu müssen. Betroffene haben möglicherweise Probleme beim Einschlafen, wachen in der Nacht mehrmals oder am Morgen sehr früh auf. Das Anschauen von Serien vor dem Schlafengehen versetzt Betroffene in einen Erregungszustand. Das Einschlafen ist dadurch sehr schwer.
10. Schwerwiegende gesundheitliche Folgen
Der Mensch verspricht sich durch das Ansehen einer Serie am Abend eigentlich einen entspannten Ausklang des Tages. Allerdings bewirkt Binge-Watching genau das Gegenteil. Neben dem Schlafmangel können aber weitere körperliche Beschwerden auftreten. Hier sind mangelnde körperliche Fitness und Gewichtszunahme zu nennen. Beim Fernsehen werden gern Snacks, Cola oder andere ungesunde Lebensmittel verzerrt.
Es besteht aufgrund des Bewegungsmangels ein höheres Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen, Fettleibigkeit, Diabetes-Typ-2, Blutgerinnsel wegen schlechter Durchblutung, chronische Erkrankungen, Wirbelsäulenbeschwerden, Muskelabbau oder verringerte Lungenkapazität. Weitere gesundheitliche Folgen können eine kurze Aufmerksamkeitsspanne, Konzentrationsschwierigkeiten und Augenprobleme aufgrund der ständigen Videostimulation durch das Binge-Watching sein.
11. Die Kontrolle behalten
Der Konsum von Serien, Filmen oder YouTube-Videos sollte unter Kontrolle gehalten werden. Es kann beispielsweise helfen, vor dem Ansehen eine genaue Anzahl an Folgen festzulegen, die konsumiert werden sollen. Außerdem sollten regelmäßige Pausen eingehalten werden. Die Qualität des Bildschirms spielt ebenfalls eine große Rolle. Dieser sollte immer groß genug und mit einem Blaulichtfilter ausgestattet sein.
Am besten werden Serien nur am frühen Abend oder am Wochenende geschaut, damit der Körper nicht unter Schlafmangel leidet. Am wichtigsten ist aber, dass alltägliche Aufgaben, soziale Kontakte und Hobbys nicht vernachlässigt werden. Beim Binge-Watching sollten zwischendurch Stretch-Übungen oder sogar kleine Sportübungen gemacht und nur gesunde Snacks verzerrt werden.