Wie Social Media Ihre Psyche verändert.

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Was glauben Sie? Wie oft schauen Sie am Tag auf Ihr Handy?

Laut einer Marktforschungsstudie der Unternehmensberatung Deloitte schauen die Deutschen circa 30 Mal am Tag auf ihr Handy, während die Altersgruppe der 18 bis 24-jährigen sogar im Durchschnitt ganze 56 Mal am Tag auf ihr Smartphone-Display schaut.

Glaubt man Experten, so stellen Smartphones eine nicht unbeträchtliche Suchtgefahr dar. Zu schnell findet eine Fixierung auf dieses Gerät statt, das Fluch und Segen zugleich sein kann – je nachdem, wie man damit umgeht.

So gaben zwei von fünf Befragten aus der Deloitte-Studie an, dass sie bereits versucht hätten, ihre Zeit am Smartphone zu reduzieren. 2/3 davon sind jedoch daran gescheitert. Gewiss ist, dass Smartphones und Social Media Apps unser soziales Leben gewaltig verändert haben. Welche negativen Auswirkungen Social Media auf Ihre Psyche haben kann, erfahren Sie im folgenden Bericht.

1. Komplexe & Unzufriedenheit

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Forscher der Royal Society of Public Health in Großbritannien schlagen Alarm. In ihrer Studie „#StatusofMind“ haben Sie herausgefunden, dass Jugendliche, die sich mehr als 2 Stunden am Tag mit Social Media Apps wie Facebook, Twitter oder Instagram aufhalten, häufiger Symptome von Depressionen aufweisen.

Insbesondere fiel den Forschern der Zusammenhang zwischen Social Media Nutzung und der Zufriedenheit mit dem eigenen Aussehen auf.

So waren junge Frauen zwischen 18 und 24 Jahren, die online stark aktiv sind, unzufriedener mit ihrem Körper, als solche, die selten oder überhaupt nicht online sind. Die Unzufriedenheit war dabei so stark, dass 70 Prozent dieser jungen Frauen sogar bereit wären, sich einer Schönheitsoperation zu unterziehen.

Schuld an dieser Unzufriedenheit mit dem eigenen Körper, auch bodyshaming genannt, ist der starke Fokus auf Äußerlichkeitsideale in den sozialen Medien. An die Stelle von gesellschaftlichen und politischen Haltungen sind demonstrativer Lifestyle und Körperkult als Leitbild getreten. Gefeiert wird, wer seinen Körper permanent selbst optimiert. Dabei schrauben sich die Idealbilder in immer unerreichbarere Höhen, so dass man zwangsläufig zu den Verlierern zählt. Nur als Beispiel: Die Oberschenkel von Marilyn Monroe würden heute eher als stämmig gelten.

Das Instagram-Brainwashing verzerrt den Blick auf den eigenen Körper, verleitet zu Diäten und Fastenkuren und kann ein natürliches Verhalten zum Essen langfristig zerstören. Im schlimmsten Fall gleiten die Mädchen oder jungen Männer in Essstörungen oder in die Magersucht ab.

2. Zeitverschwendung und Aufschieberitis

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Laut einer repräsentativen Befragung der Allensbacher Markt- und Werbeträgeranalyse im Jahr 2018 zählen sich rund 26 Millionen Deutsche zu den Menschen, die zu wenig Zeit haben. Zeitnot und Hetze scheinen ein weit verbreiteter Gefühlszustand in Deutschland zu sein.

Im Gegensatz dazu ergaben Befragungen aber auch, dass deutsche Jugendliche durchschnittlich 3 Stunden am Tag mit Social Media verbringen. Eine Onlinebefragung von Statista, die den Smartphone-Konsum von Erwachsenen ermittelte, ergab, dass im Jahr 2017 bereits 28 Prozent der erwachsenen Smartphonebesitzer mehr als 1 Stunde am Tag aktiv am Smartphone verbrachten. (Passive Tätigkeiten wie Musikhören sind darin nicht eingerechnet).

Achten Sie also genau darauf, ob Ihnen das Smartphone wertvolle Zeit stiehlt oder ob Sie die Zeit am Smartphone als wertvoll und sinnvoll empfinden. Ziehen Sie selbst einen Riegel vor, wenn Sie merken, dass Sie sich durch das Smartphone in der Zeit verzetteln oder Social Media nutzen, um wichtige Dinge aufzuschieben, die Sie dann kurz vor Abgabe in Zeitnot bringen.

3. Angst, etwas zu verpassen

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Gehören Sie auch schon zu den Smombies (Smartphone + Zombies), die das Smartphone als erweitertes Ich überall mit hin tragen und selbst auf dem Klo (oder gerade dort) noch ihrer Digitalsucht frönen? 

Haben Sie wie ein Alkoholiker auch für jeden Smartphone-Exzess die passende Ausrede parat und stehen Sie mit Handy auf und gehen mit Handy ins Bett? Psychologen haben herausgefunden, dass darin oft die Angst steckt, etwas zu verpassen. Wobei diese Angst sich sogar noch steigert, je öfter man das Smartphone benutzt. 

Hand aufs Herz, haben Sie wirklich schon einmal etwas verpasst, was nicht hätte 3 Tage warten können? Ich rate Ihnen, legen Sie sich einen Wecker, eine schöne Armbanduhr und einen einfachen mp3 Player zu und lassen Sie das Handy mal einen halben Tag in der Schublade. 

4. Selbstdarstellung & Sozialneid

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Wenn man sich die zahlreichen Fotos auf Facebook, Instagram & Co anschaut, könnte man fast meinen, das halbe Leben da draußen bestünde nur aus Abenteuerurlaub und man sei der einzige Depp, der zuhause mit Einkaufen, Wäsche waschen und Geschirrspülmaschine ausräumen beschäftigt ist. Da kann schnell Sozialneid aufkommen oder Frust über den eigenen ereignislosen Alltag hereinbrechen. Vielleicht wird man ja auch selbst verleitet, das eigene Profil etwas aufzupolieren, um das Ego zu boosten.

Warum tun Sie sich das an?  Lassen Sie nicht zu, dass Soziale Medien in Ihnen negative Gefühle wie Neid, Mißgunst und Undankbarkeit erzeugen. Treten Sie gedanklich einen Schritt zurück und verlassen Sie die Negativspirale von Sozialabgleich  und Selbstprofilierung.

5. Eitelkeit & Narzissmus

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Letztens habe ich bei einer Freundin einen Fotoordner mit über 500 Selfies  auf dem Laptop gefunden. Alle aufgenommen innerhalb eines Jahres, mit Duckface, Knutschmund, eingekniffenen Wangen und Kulleraugenblick. Die Hälfte davon dann noch mit einer Retusche-App nachbearbeitet.

Was will man mit so vielen eigenen gestellten und überarbeiteten Fotos? Model spielen, sich an seiner eigenen Schönheit ergötzen? Der Umwelt beweisen, wie glamourös man durchs Leben schreitet?  Ist das sympathisch, authentisch und selbstbewusst? Ziehen Sie den Riegel vor, wenn Sie merken, dass Social Media Sie zu eitlem und narzisstischem Verhalten verleitet. 

6. Foodporn statt Genuss

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Immer öfters kam es vor, dass ich mit Bekannten im Lokal saß und einer sagte, red ruhig weiter ich fotografiere nur schnell mein Essen.

Schnell war dabei relativ. Diverse Perspektiven wurden ausprobiert, eine sorgfältige Auswahl getroffen und das ganze dann noch geposted. 

Bei einem 3-gängigen Menu kann das schnell zum Gesprächs- und Stimmungskiller werden. Gespräche können sich nicht mehr entfalten und fließen, sondern werden permanent unterbrochen.  Ein Einlassen auf das Gegenüber und das Essen an sich findet nur noch partiell statt, zu stark ist das Verlangen Fotojournalist zu spielen. Einmal ist es mir sogar passiert, dass sich eine äußerst schlanke Bekannte, die sich im Biergarten mit Salat und Wasser vergnügte,  schnell mein Bier und meinen Hendl-Teller ausborgte, dieses vor sich hin drapierte und damit ein Selfie schoss. 

Sollte die Fotosucht bei Ihnen wieder in den Finger kribbeln, halten Sie doch demnächst einen Moment inne und überlegen Sie, ob Sie hier unbedingt ihr Ding durchziehen müssen, oder ob es nicht respektvoller wäre, Ihre Aufmerksamkeit ganz Ihrem Gegenüber zu schenken. 

 7. Fixierung, Kontrolle & Stalking

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Haben die sozialen Medien Sie auch schon einmal dazu verleitet, eine Person heimlich zu überwachen, indem Sie beispielsweise den online Status bei whats app gecheckt haben? Falls ja, haben Sie dies mehrfach am Tag gemacht und versucht, wie ein Detektiv Muster in das online Verhalten hineinzuinterpretieren? 

Stoppen Sie Ihr Verhalten, wenn Sie merken, dass es für andere Mitleiderregend und zwanghaft wirken könnte. Schützen Sie sich selbst vor Fixierungen auf Personen und Kontrollzwängen, indem Sie beispielsweise den „Zuletzt-online-Status“ auf whats app deaktivieren und sich mehrstündige Social Media Pausen am Tag einlegen. 

8. Mobbing und Depressionen

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Gerade bei Kindern und Jugendlichen kann Cybermobbing zu ernsthaften Depressionen führen und im schrecklichsten Fall sogar Suizidgedanken auslösen. Eltern sollten Cybershaming daher sehr ernst nehmen und den Umgang ihrer Kinder mit sozialen Medien genau beobachten.  Umgekehrt kann aber auch das Abdriften in eine völlig digitale Freundeswelt depressives Verhalten verstärken. 

Unser Tipp: Gehen Sie raus ins Leben und treffen Sie echte Menschen. Beobachten Sie, welche Personen an Ort und Stelle sind, wenn Sie Hilfe brauchen, wer Sie in den Arm nimmt und wer sich durch Regen- und Eiseskälte schlägt, um Sie persönlich zu sehen. Klasse ist manchmal mehr als Masse.

9. Schlafmangel

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Ein weiteres negatives Begleitphänomen von Internet und Social Media sind Schlafmangel und Einschlafstörungen. 

Dies hat unterschiedliche Gründe. Zum einen haben LED Bildschirme oft einen hohen Blaulichtanteil, was wiederum das Gehirn wach macht. 

Zum anderen verliert man beim Netflixen, youtuben oder surfen im Bett schnell das Gefühl für die Zeit, weshalb man einfach später die Augen zumacht. Zusätzlich können die konsumierten Inhalte auch wieder aufputschende Wirkung haben. 

Wir empfehlen daher vor dem Schlafengehen keine e-mails oder andere Nachrichten mehr zu checken und auch nicht mehr auf LED Bildschirme zu starren. Dämmen Sie lieber das Licht hinunter und lesen Sie ein analoges Buch. 

10. Nomophobie

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Laden Sie Ihr Handy mehrfach am Tag auf, lassen Sie Ihr Handy nachts an und schauen Sie sogar während der Arbeit, der Uni, beim Essen  oder sogar beim Autofahren parallel immer aufs Handy? Falls ja, könnte es gut sein, dass Sie bereits schon an Nomophobie leiden. Dieses neuartige Phänomen beschreibt die krankhafte Angst, ohne Handy dazustehen und eine aufkommende Panik, sobald man das Handy zuhause vergessen hat.

An Nomophobie leidende Personen fühlen sich kaum noch sozial überlebensfähig ohne Handy. Das Handy wird zur sozialen Droge. Wie ein Drogenabhängiger drehen sich die Gedanken ständig um das Suchtmittel, in dem Fall zum Beispiel um das Checken von Nachrichten. Viele Stunden am Tag, an denen man hätte produktiv, aktiv, genussvoll oder kreativ sein können, gehen für dieses zwanghafte Verhalten verloren. Schade eigentlich, wo doch so viele meckern, dass sie zu wenig Zeit für schöne Dinge hätten.

11. Multitasking

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Auf der Suche nach Anerkennung und sozialer Bestätigung befeuern wir Reaktionen im sozialen Netzwerk, die dieses soziale Bedürfnis befriedigen. Jedes Vibrieren oder Klingeln könnte ein Zeichen für ein positives Feedback in Form einer Nachricht oder eines Likes sein. Haben wir diesen Reiz-Reaktions-Mechanismus erfolgreich konditioniert, schüttet unser Körper das Glückshormon Dopamin aus, sobald das Handy Geräusche macht. 

Diese Lust nach sozialer Bestätigung in Kombination mit der Angst, etwas zu verpassen (was letztendlich mit der Angst vor sozialem Ausschluss zu tun hat), kann zu andauerndem Multi Tasking und permanenter Teilaufmerksamkeit führen.  Man ist kaum noch länger bewusst im Moment, lässt sich auf keine Situationen und Menschen mehr ganz ein, ist unkonzentriert, abgelenkt und gestresst. 

Wenn Sie etwas dagegen tun wollen, probieren Sie doch mal Social Media-Detoxing. Legen Sie whats app, Instagram  oder Outlook-Fastenkuren ein und nutzen Sie die Zeit für Dinge, die Sie schon lange vermisst haben. 

Interessant: Haben Sie sich jemals gefragt, warum die Augen mancher Tiere im Dunkeln leuchten?

Viele Tiere haben eine reflektierende Schicht hinter der Netzhaut, das sogenannte Tapetum lucidum, das das Licht zurück durch die Netzhaut reflektiert und ihnen ein besseres Sehen bei schlechten Lichtverhältnissen ermöglicht. Diese Anpassung hilft nachtaktiven Tieren, wie Katzen und Hunden, besser zu jagen und sich in der Dunkelheit zu orientieren.