Die Tiefen der Ozeane übten schon immer eine magische Faszination auf den Berufstaucher Chris Lemons aus. An einem gewöhnlichen Arbeitstag fuhren er und sein Team an die Nordsee um unter Wasser eine 100 Meter lange Pipeline zu reparieren. Das schlechte Wetter an Land verursachte eine starke Strömung, von der Chris und sein Team unter Wasser mitgerissen wurden. Durch die starken Wellen und Böen verfing sich der Taucheranzug von Chris in den Kabeln und Leitungen der Pipeline-Anlage. Er hatte keine Möglichkeit sich zu befreien, er hatte sich völlig darin verheddert.
Mit einer Notluftzufuhr von 5 Minuten musste er nun 30 Minuten auskommen, bis seine Teamkameraden mit Rettung zurückkehren konnten. Dies scheint völlig unmöglich. Lesen Sie wie Chris und sein Team das Unmögliche möglich gemacht haben.
1. Wer ist Chris Lemons?
Chris war einer dieser Typen, die ansteckende positive Energie und ein großes Herz haben. Er lebte mit seiner Verlobten Morag Martin in Großbritannien, sie bauten gerade gemeinsam ein Haus und planten ihre Zukunft miteinander. Sein Arbeitsleben verbrachte er größtenteils unter Wasser als beruflicher Sättigungstaucher. Dieser Beruf verlangte von ihm, die meiste Zeit auf See zu sein.
Morag und Chris schickten sich ständig Nachrichten hin und her. Die junge Frau sandte Updates von zu Hause und Chris nahm ihr dann im Gegenzug mit der Handykamera eine lustige Tour durch das Schiffsinnere auf. Ständig schickten, sie sich gegenseitig Videos hin und her, um auf dem Laufenden zu bleiben und so viel wie möglich miteinander verbunden zu sein.
2. Eine schwierige Aufgabe
Jede liebende Verlobte wäre nervös, wenn ihr künftiger Ehemann in der Tiefsee tauchen würde. Morag vertraute aber der Erfahrung und der Leidenschaft von Chris. Sie wähnte ihn in Sicherheit. Sie war stolz auf ihn, dass er seine Berufung gefunden hatte. Die junge Frau unterstützte ihn immer und er versprach vor seinen Tiefsee-Missionen eindringlich, dass er sicher und gesund an die Oberfläche zurückkehren würde.
Eines Tages bekamen er und sein Team einen Auftrag in der Nordsee, einer der gefährlichsten Gegenden der Welt. Trotzdem erschrak Chris nicht, denn er liebte seinen Beruf. Sein Ziel war, der beste Taucher von allen sein.
3. Ein Beruf für waghalsige Menschen
Chris Lemons ist ein professioneller Sättigungstaucher. Dies bedeutet, dass er lange Zeit in großen Wassertiefen arbeitet. Sein Arbeitsauftrag ist es, unter Wasser die Pipelines zu reparieren und nautische Gebiete für die Öl- und Gasindustrie zu erkunden. Diese Arbeit ist alles andere als einfach und erfordert bestimmte Charaktereigenschaften, damit man sie gut erledigen kann. Man muss engagiert, furchtlos, gelassen und natürlich ein großer Fan des Wassers sein.
Laut einem der Crewmitglieder im Team muss man auch kreativ sein und eine Persönlichkeit haben, die Lösungen vor Probleme stellt, um bereitwillig in die Dunkelheit und die Tiefen des offenen Meeres hinunter zu schwimmen.
4. Was ist Sättigungstauchen?
Sättigungstauchen ist eine Technik, die verwendet wird, um das Risiko zu verringern, dass Tiefseetaucher „die Kurven“ (Dekompressionskrankheit) erleiden. Durch die Anwendung dieser Technik werden die Produktivität und die Effektivität der Taucher unter Wasser gesteigert. Es ist dafür erforderlich, dass Chris und die anderen Taucher ungefähr einen Monat lang in einer Kompressions-Tankkammer leben. Sobald sie an die gewünschte Umgebung angepasst und zum Tauchen konditioniert sind, können sie ins Wasser um zu tauchen und zu arbeiten.
Einige dieser Taucher teilen ihre Geschichten auf YouTube „@ diverandy77“ ist zusammen mit dem „Divers Institute of Technology“ ein guter Kanal, um Sättigungstaucher bei der Arbeit zu beobachten. Das Einzigartige an den Aufträgen der Sättigungstaucher ist, dass Sie manchmal nicht wissen, mit welchen Kollegen Sie tauchen werden, bis Sie anfangen zu „sitzen“ (d.h. im Kompressionstank zu leben).
5. Ein normaler Arbeitstag
Sättigungstauchen ist weit verbreitet beim kommerziellen Offshore-Tauchen, einer Art von Tauchen für die Öl- und Gasindustrie. Durchführungsorte sind die brasilianische Küste, der Golf von Mexiko, die Gewässer vor der USA und in der Nordsee in Großbritannien. Genau darauf haben sich Chris Lemons und seine Tauchpartner Dave Yuasa und Duncan Allcock spezialisiert.
Wie im Netflix Dokumentarfilm „Last Breath“ (2019) dargestellt, wurden Chris Lemons und sein Team beauftragt, an der Ölpumpanlage etwa 127 Meilen östlich von Aberdeen in der Nordsee zu arbeiten. Ihre Aufgabe war es unter Wasser, die Rohrleitungen zu entfernen und durch neue zu ersetzen. Doch aus einem normalen Arbeitstag wurde bald ein Albtraum in der Nordsee.
6. Arbeitsvorbereitungen
An der Ostküste Schottlands im Huntington-Öl-Feld gab es ein Rohr, das repariert werden musste. Um diese Aufgabe zu erfüllen, musste sich das Team auf die Mission vorbereiten – also ging es in die Kammer. Obwohl sie digital mit den anderen Besatzungsmitgliedern kommunizieren können, kann während der Vorbereitungszeit niemand die Kammer betreten oder verlassen.
Duncan Allcock war wie eine Vaterfigur für Chris, wenn es um das Sättigungstauchen ging. Er war während seines ersten Tauchgangs und danach bei vier weiteren dabei. Zusammen im Kompressionsbehälter zu sein, hatte eine starke Bindung zwischen ihnen geschaffen. Die beiden waren wie eine Familie. Dave Yuasa hatte Erfahrung mit Duncan, aber es war sein erstes Treffen mit Chris.
7. Das Team für diese Mission
Es kann nervenaufreibend sein, wenn man die anderen Taucher nicht kennt, bevor man zu einem Einsatz aufbricht. Man verbringt nicht nur einen ganzen Monat zusammen in einer geschlossenen Kapsel, sondern muss auch Aufgaben unter hohem Stress in der Mitte gefährlicher Gewässer, mehrere hundert Meter unter der Oberfläche, ausführen. Können Sie sich vorstellen, wie es wäre, dort unten mit jemandem zusammenzuarbeiten, der einen auf die Palme bringt?
Chris erklärte der BBC: „Es ist eine sehr seltsame Situation. Man lebt auf dem Schiff, umgeben von vielen Menschen, die nur eine dünne Metallwand entfernt sind, aber man ist völlig von ihnen isoliert“. Zum Glück waren Dave, Duncan und Chris alles großartige Kerle.
8. Gemeinsam mit erfahrenen Kollegen
Chris Lemons hatte bereits im September 2007 die Professional Diving Academy, eine weltbekannte kommerzielle Tauchschule, abgeschlossen. Zum Zeitpunkt dieser Mission hatte er an neun Tiefseetauchgängen teilgenommen und fast ein Jahrzehnt Erfahrung im Tauchen – eineinhalb Jahre speziell im Sättigungstauchen.
Seine Kollegen Duncan und Dave waren noch erfahrener als er und standen Chris hilfreich zur Seite. Da er der unerfahrenste war, konzentrierte er sich darauf, sicherzustellen, dass alle anderen Taucher wussten, dass er ein außergewöhnlicher Taucher war; Chris wollte schließlich der Beste sein. Nach einem Monat des Schlafens, Essens und Wohnens in ihrer Kammer auf dem Schiff waren Chris und seine Partner-Taucher bereit, sich auf ihre Aufgabe einzulassen. Am 18. September 2012 war das Team bereit die Druckkammer zu verlassen, um sich ins offene Gewässer zu begeben.
9. Fast normale Bedingungen
Chris, Dave und Duncan waren zuversichtlich und hatten auch trotz der schlechten Wetterbedingungen keine Bedenken tauchen zu gehen. An diesem Morgen erklärte Lemons dem Filmteam, dass es nur ein ganz normaler Arbeitstag sei. Das Wasser unter der Oberfläche war ziemlich klar, obwohl es oben etwas rau war. Für die Besatzung schienen das bewältigbare Bedingungen.
Es waren ungefähr 35 Knoten Wind und ein 18-Fuß-Seegang. Das war an der Grenze des machbaren, aber noch in Ordnung. Doch was würde passieren, wenn ein Sturm aufkäme? Sehr schnell kann sich ein normaler Arbeitsalltag in der rauen Natur in einen Tag verwanden, an dem man an die Türen des Jenseits klopft. Doch im Unglücksfall von Chris Lemons war das Wetter nur ein Faktor.
10. Was ist eine Taucherglocke?
Wenn die meisten von uns das Wort „Tauchen“ hören, stellt man sich einen normalen Taucher mit einem Atemgerät vor. Aber die Art des Tauchens, die Chris und seine Mitarbeiter machen, ist ganz anders als das „normale“ Tauchen. Beim Gerätetauchen trägt der Taucher seinen Atemluftvorrat bei sich. Beim Sättigungstauchen hingegen werden Schläuche verwendet, um Sauerstoff an die Taucher zu übertragen. Die Taucher hängen sozusagen an einer Art Nabelschnur.
Sättigungstaucher tauchen mit einer „Taucherglocke“ ab. Die Tauchglocke ist Teil ihrer Dekompressionskammer und befördert die Taucher vom Schiff ins Wasser. Es ist im Grunde genommen wie ein Aufzug, mit dem die Taucher sicher vom Schiff zum Meeresboden gelangen.
11. Der Notalarm
„Bibby Topaz“ war der Name, den das Team der Taucherglocke gegeben hatte. Während ihres Einsatzes beaufsichtigte Duncan seine beiden Teammitglieder von der Taucherglocke aus, während sie die Pipeline auf dem offenen Meeresboden reparierten. Alles schien gut zu sein, bis sie eine eigenartige Nachricht von der Bodenmannschaft bekamen.
Jede Besatzung hat ihren eigenen Kommunikationskanal und alle Teammitglieder hören die Alarmsignale gemeinsam. „Die erste Ahnung, dass etwas schiefgelaufen ist, war der Alarm, den wir über unsere Kopfhörer hörten… aber das ist noch nichts Ungewöhnliches“, teilte Chris in der Sendung „This Morning“ mit. Jedoch veränderte sich die Situation schnell und wurde extrem gefährlich. Chris Lemons und Dave Yuasa wurden angewiesen, sofort zur Glocke zurückzukehren.
12. Wie ernst war der Alarm?
Chris und sein Team hatten viel Erfahrung, aber dies war das erste Mal, dass sie in so etwas verwickelt wurden. Der Alarm war unüberhörbar und das Lichtsignal das über den Status des Schiffes informiert, hatte sich von grün auf gelb und dann auf rot geändert. Duncan befahl den Tauchern umgehend, zur Glocke zurückzukehren. Seine erste Priorität war es, alles zu tun, damit seine Taucher in Sicherheit waren.
Als Dave und Chris begannen zur Taucherglocke zurückzukehren, wussten sie nicht, was an der Oberfläche geschehen war. Die Situation eskalierte in rasender Geschwindigkeit und bald waren alle unter Wasser in Gefahr. Was war mit dem Schiff los?
13. Schiff und Glocke driften weg!
Als die Taucher zu „Bibby Topaz“ zurückschwimmen wollten, bemerkten sie, dass die Glocke mit hoher Geschwindigkeit von ihnen weggeschwemmt wurde und an der Oberfläche driftete das Schiff weg! Der „DP-Status“ steht für „Dynamic Position“. Die dynamische Positionsbestimmung ist das computergesteuerte System, das das Schiff und die Glocke über einem genauen Punkt auf dem Meeresboden ankern lässt. Was war mit dem System los?
Es waren alarmierende Nachrichten für die Taucher, da die Glocke ihre einzige Möglichkeit war an die Oberfläche zurückzukehren. In kürzester Zeit waren sie also in Lebensgefahr geraten. Die Taucher sollten nun so schnell es ihnen möglich ist zur Glocke zurückkehren.
14. Das System hat einen Totalausfall
„Das Schiff über uns hat ein Computersystem, das die Glocke an einem Ort hält. Das System hatte einen Totalausfall„, erklärte Chris, „durch den starken Wind trieben nun die Taucherglocke und das Schiff völlig unkontrollierbar von uns fort.“ Sättigungstaucher sind so tief unter Wasser, dass es sehr leicht möglich ist, dort die Orientierung zu verlieren. Die Taucher benötigen die Glocke zur Orientierung und gleichzeitig, ist sie die Station, von der aus die Männer mit Sauerstoff versorgt werden.
Als das DP-System ausfiel, war nun die Sauerstoffversorgung die einzige Überlebensgarantie für die Taucher. Der Standort von Schiff und Glocke änderte sich ständig und unkontrollierbar. Als ob das nicht gruselig genug wäre, wurde die Situation nur Sekunden später noch schlimmer.
15. Eine katastrophale Lage
Die Taucher erhielten ihre Atemluft durch eine an der Glocke befestigten Schlauch. Und so wichtig die Schläuche auch waren, sie waren nicht besonders lang. Das Schiff entfernte sich von den Tauchern und zog und zerrte an den Schläuchen. Der Schlauch war buchstäblich ihre Lebensader. Es war das, was sie mit Sauerstoff versorgte und ihr einziger Weg zurück zur Glocke.
In dieser stressigen Situation driftete das Schiff den ganzen Weg zurück über die Pipeline, an der die Taucher gearbeitet hatten, was bedeutete, dass sie darüber klettern mussten. Die Taucher waren in 300 Fuß Tiefe und das Schiff bewegte sich immer weiter weg. Doch die große Tiefe, in der er sich befand und das abdriften, waren nicht die einzigen Probleme von Chris.
16. 100 Meter in der Tiefe
Denken Sie eine Sekunde darüber nach. Die Tiefe eines öffentlichen Schwimmbades beträgt normalerweise etwa 3 Meter. Chris und Dave waren 100 Mal so tief. Was gab es für Möglichkeiten aufzutauchen? Die Sättigungstaucher trugen eine ganz besondere Tauchkleidung, die es ihnen nicht erlaubte sie einfach auszuziehen und an die Oberfläche zu schwimmen.
Die Anzüge der Männer waren an ihre Sauerstoffschläuche angeschlossen. Deshalb war die Tauchkleidung die einzige Möglichkeit am Leben zu bleiben. Während Chris nun über die Pipeline kletterte, hörte er plötzlich einen lauten Knall. Es hörte sich an wie ein Gewehrschuss. Was war passiert? Die Situation war doch schon jetzt gefährlich genug.
17. Was war das für ein Knall?
Chris hörte diesen Knall, wie einen Schuss aus einem Gewehr und ihm war sekundenschnell klar, dass sein Versorgungsschlauch angerissen war. Er hatte sich an der Pipeline-Struktur, über die er hinweg klettern wollte, an einem Stück Metall verfangen. Sein Leben hing nun an einem angerissenen Schlauch, wie an einem seidenen Faden.
Als er bemerkte, was geschehen gab er der Schiffsbesatzung Anweisung ihm mehr Leine zu geben. Er brauchte mehr Schlauchlänge um sich von der Struktur zu befreien. Aber das Schiff war so weit weggetrieben, dass es keinen Spielraum mehr gab. Bei allem Fachwissen des Teams reichte es scheinbar nicht, um sie vor der Tiefsee-Katastrophe zu bewahren.
18. Erst gefangen, dann gerissen
Dave bemerkte, dass Chris nicht in seiner Nähe war. Er schaute nach hinten und sah, dass sein Kamerad feststeckte. Dave versuchte sofort zurückzukehren, um Chris zu retten. Offensichtlich wollte er seinen Kollegen nicht in Not zurücklassen. Dave tat alles in seiner Macht Stehende, um zu Chris zurückzukehren, aber er driftete weg. So konnte er nur aus der Entfernung hilflos zusehen was dann geschah.
Chris‘ Schlauch steckte fest und als sich das Schiff immer weiter durch die starken Windböen und Strömungen entfernte, wusste Chris genau, was als Nächstes passieren würde. Chris‘ Versorgungsschlauch spannte sich mehr und mehr …… und dann gab es einen Knall wie aus einer Schrotflinte.
19. Weggezerrt von 8000 Tonnen
Hilfe! Sein Versorgungsschlauch war gerissen! Chris war ganz in der Nähe der Glocke, hing an der Struktur der Pipeline fest und tat alles, um sich zu befreien, kaum einen Meter von Dave entfernt. Ein Filmteam adaptierte die Geschichte. „Last Breath“ wurde im April 2019 veröffentlicht und erzählt diese unglaubliche Begebenheit. In dem Film erklärt Dave: „Die Sicht ist gut genug, dass wir uns gegenseitig ins Gesicht sehen können. Ich kann sehen, dass er in Schwierigkeiten ist“, er fuhr fort, „aber ich bin ich am Ende meines Sauerstoffschlauches und ich komme nicht an ihn heran“.
Chris erzählte in einem Interview für die Sendung „This Morning“, dass David sehr nahe daran war, ihm zu helfen, aber leider wurde er weggezerrt … von dem 8.000 Tonnen schweren Boot und verschwand einfach in der Dunkelheit.“ Was soll Chris tun? Wie soll er zum Schiff zurückgelangen?
20. Das Wasser wird schwarz
Die Versorgungsschnur wurde nicht nur für Sauerstoff verwendet. Sie sorgte für Wärme und Licht und diente als Kommunikationskabel für die Taucher und die Besatzung auf dem Schiff. Chris hatte keine Verbindung mehr zum Schiff und zu seinen Kollegen. Er war nun alleine in der Tiefe. Er verlor langsam Daves Licht in der Ferne aus den Augen.
Für den erfahrenen Taucher Chris Lemons färbte sich das Wasser nun schnell von blau in schwarz und es wurde immer kälter und dunkler. Die Zeit war jetzt von entscheidender Bedeutung. Leben oder Tod hingen für Chris davon ab. Sein normaler Tag war schlagartig zu einem Albtraum geworden und wie es schien, gab es keinen Ausweg.
21. Ein panikartiges Gefühl
Als Chris in der Sendung „This Morning“ nach dem Moment gefragt wurde, in dem er feststellte, dass er ein Problem hatte, gab er zu: „Als mein Versorgungsschlauch hängen blieb, wusste ich, dass dies lebensbedrohlich sein würde.“ Was tat Chris Lemons als Nächstes? Was konnte er noch tun?
„Man hat eine Notversorgung auf dem Rücken, durch die man in dieser Tiefe aber leider nur fünf Minuten versorgt wird. Ich wusste, dass ich nun in ernsthaften Schwierigkeiten steckte“, fuhr Chris fort. „Als ich mich irgendwie erholt hatte und die Panik etwas nachließ, wurde mir klar, dass die Taucherglocke nicht da war und es keinen Weg gab mich selbst in Sicherheit zu bringen“
22. Am Meeresboden Totenstille – an der Wasseroberfläche Chaos
Als sein Versorgungsschlauch riss und zusammen mit Dave und dem Rest des Schiffes verschwand, begann Chris auf den Meeresboden zu fallen. Chris sagte gegenüber dem Sender STV News: „Ich habe nichts gesehen, keinen Lichtfleck.“ Wir können uns nicht einmal vorstellen, wie sich das für Chris angefühlt haben muss. Er lag allein in der Dunkelheit und orientierungslos auf dem Meeresboden.
Doch was ging auf dem Schiff vor sich? Oberhalb des Wassers herrschte das pure Chaos. Schließlich hatte alles wegen etwas begonnen, das an Bord des Schiffes passiert war. Das Schiff war fast 700 Fuß von Chris entfernt und die Besatzung hatten alle Hände voll zu tun, die Kontrolle wiederzugewinnen.
23. Die Katastrophe war geschehen
Die Besatzung über dem Schiff hatte keine Ahnung, was unter Wasser vor sich ging, da ja die Verbindung zu Chris gerissen war. Aber sie waren alle entschlossen, das Schiff wieder unter Kontrolle zu bringen und ihn sofort zu retten. Es gab keine Zeit zum Nachdenken, jeder musste schnell handeln. Ein Schritt nach dem anderen.
Das raue Wasser und der Sturm schleuderten das Schiff wie wild herum und rissen alles hin und her, einschließlich Dave auf der Glocke. Das DP-System war ausgefallen. Sogar das Backup-System war ausgefallen. Der Master-Computer war ausgefallen. Die Katastrophe war geschehen. Und egal wie sehr Duncan von der Schiffsbesatzung verlangte, dass sie zurückkehrten, um Chris zu finden, sie konnten es nicht. Die Wellen hatten die Kontrolle über das Boot übernommen.
24. Keine Aussicht auf Rettung
Craig Frederick und der DP-Offizier Michal Cichorski taten alles, um das Schiff wieder unter Kontrolle zu bringen. Michal hatte noch nie erlebt, wie der DP-Statusalarm ausgelöst wurde, und arbeitete daran, die Steuerungsfunktionen wieder in Ordnung zu bringen. In der Zwischenzeit holte Duncan den Versorgungsschlauch von Chris ein. Obwohl er wusste, dass er gerissen war, hoffte er immer noch, seinen Kameraden am Ende des Schlauches zu sehen.
Mit leichter Hoffnung und tiefer Trauer zog er zuerst das Kabel zur Regulierung der Wassertemperatur heraus. Dann folgte die Sauerstoffgasschnur. Niemand konnte es fassen und Verzweiflung machte sich breit. Der fröhliche, warmherzige, bald verheiratete Chris Lemons war irgendwo auf dem Grund des Ozeans verloren. Dort unten lag er, ohne Hoffnung auf Rettung. Niemand ahnte was jetzt geschah.
25. Ein Wettlauf gegen die Uhr
Chris musste seinen Weg vom Meeresboden zurück zum Gebäude finden, damit das Team ihn fand. Er dachte, wenn er es bis zur Spitze des Gebäudes schaffen würde, in dem sich die Glocke ursprünglich befand, hätte er die Chance, es zurück zum Schiff zu schaffen. Das Problem war, dass er weder Orientierung noch Licht hatte. Er hatte keine Möglichkeit zu wissen, wo er war oder in welche Richtung er gefallen war. Zu diesem Zeitpunkt war alles eine Frage des Glücks.
Aber irgendwie, mit einem wundersamen sechsten Sinn, war er in die Pipeline-Anlage geschwommen und hatte begonnen, nach oben zu klettern. Aber es war ein Wettlauf gegen die Uhr. Die Zeit tickte. Würde Chris es rechtzeitig schaffen?
26. Das Schicksal annehmen
Chris`Sauerstoff wurde knapp. Er war schon zehn Minuten ohne reguläre Sauerstoffversorgung. Normalerweise reicht die Notversorgung nur für fünf Minuten. Unglaublicherweise hatte er es bis zur Spitze der Pipeline-Anlage geschafft, aber er wurde nicht mit dem freundlichen Anblick der Taucherglocke begrüßt. Er war immer noch allein und im Dunkeln und hatte keine Ahnung, ob das Schiff jemals zurückkehren würde, um ihn zu finden.
Mit seinen letzten Atemzügen zog sein schönes Leben wie ein Film vor seinem inneren Auge vorbei. Er war unendlich traurig Morag, die Liebe seines Lebens, im Stich zu lassen. Er wusste, er würde sie niemals wiedersehen. Chris Lemons nahm sein Schicksal an.
27. Für wen war es schlimmer?
Als Chris in der Sendung „This Morning“ über seine letzten Gedanken sprach, da sagte er, „Ich denke, es war für Morag und die Kameraden erschreckender als für mich. Dave und ich waren die einzigen, die wirklich wussten was sich abspielte und wir hatten immer diese Euphorie, zu glauben wir kommen irgendwie durch „
Duncan war emotional völlig verstört. Er konnte es nicht fassen Chris zu verlieren, war er doch wie ein Sohn für ihn. Kaum vorstellbar, wie es ist, seinen Kameraden in Lebensgefahr zu wissen und nicht helfen zu können. Doch die Rettung naht! Nur wenige Minuten später wird das Unmögliche wahr.
28. Ein Unterwasserfahrzeug zur Rettung
Die Kameraden hatten die Pipeline-Anlage im Visier, um Chris doch noch zu retten. Das Team hatte ein ROV (ein ferngesteuertes Unterwasserfahrzeug) geschickt, um nach dem verschollenen Taucher zu suchen. Zu diesem Zeitpunkt wusste niemand, was zu erwarten war und ob sie ihn finden würden oder nicht. Wenn ja, wäre Chris noch am Leben? Die Idee war, ihm ein Zeichen zu geben, dass sie zurückkommen würden, um ihn zu holen. Sie wollten ihm einen Hoffnungsschimmer geben und sie wollten um sein Leben kämpfen.
Irgendwann etwa zwischen elf und zweiundzwanzig Minuten nachdem der Versorgungsschlauch gerissen war, hatte der ROV-Techniker Chris Lemons auf wundersame Weise gefunden. „Er winkte uns zu“, sagte der Techniker. Er versicherte den ausharrenden Teamkollegen, dass es Chris gut ging.
29. Hoffnung blitzt auf
Niemand will einen tödlichen Unterwasserunfall miterleben und einen geschätzten Mitarbeiter und lieben Freund verlieren. Craig und Michal Chris hatten versucht das Schiff manuell zu steuern, aber es war kaum möglich. Nachdem das Unterwasserfahrzeug nun Chris geortet hatte, fassten sie den Beschluss, zu versuchen das abgestürzte System erneut zu starten. Überraschenderweise funktionierte es.
Das System war wieder betriebsbereit und die Funktionsanzeige zur dynamischen Positionierung zeigte grünes Licht – jetzt war es Zeit, zu Chris zurückzukehren. Aber immer noch ist es ein Wettlauf gegen die Zeit. Ihr Kamerad hat schon seit mehreren Minuten keinen Sauerstoff mehr. Gelingt es den Teamkollegen sein Leben zu retten?
30. Minuten vergehen wie Stunden
Nachdem sie das System neu gestartet hatten, hatten die Teamkollegen Angst, dass zu viel Zeit vergangen war, seit Chris`Versorgungsschlauch gerissen war. Der Techniker im Unterwasserfahrzeug berichtete, dass sich sein Winken in ein Zucken verwandelte und schließlich bewegte er seine Hand gar nicht mehr. Würden sie ihn lebend retten können?
Das Geschehen dauerte nur 27 Minuten, die sich für Chris und das Team wie hilflose Stunden anfühlen mussten. Chris Notfallversorgung war schon längst abgelaufen und erst jetzt hatte es das Team geschafft das DP-System wieder zum Laufen zu bringen. Niemand war jedoch bereit den Kameraden in Not aufzugeben. Jetzt, da das Schiff auf dem Weg zu Chris war, lag es an Dave seinen Kollegen zurückzuholen.
31. Duncan holt Chris ins Leben zurück
Vollgepumpt mit Adrenalin zog Dave seinen Kameraden Chris zehn Minuten später zur Glocke zurück. Sofort nachdem er ihn aus dem Wasser gezogen hatte, begann Duncan ihn wiederzubeleben „Ich habe versucht, Chris nicht für tot zu halten“, sagte Duncan in der Dokumentation „Last Breath“. „Ich blies ihm zwei tiefe Atemzüge in den Mund und wollte ihm alles, was ich habe geben, um ihn zu retten. Bitte atme wieder!“
36 Minuten und 28 Sekunden, nachdem seine Versorgungsschnur gerissen war und das Schiff außer Kontrolle geraten war, tat Chris wieder einen Atemzug. Er war aus tiefer Bewusstlosigkeit aufgewacht. Chris war am Leben! Das Team war ergriffen und glücklich.
32. Er war dem Tod von der Schippe gesprungen
Obwohl die Karten für die Sättigungstaucher schlecht standen, hatte sich das Schicksal doch noch zum guten gewendet. Chris war am Leben und musste sich erstmal erholen. Und zwar nicht nur von diesem katastrophalen Ereignis, sondern auch, um sich wieder auf die Kompression der Oberfläche einzustellen.
Chris benötigte ungefähr 3 Tage, um sich zu erholen und zu verstehen, was er gerade durchgemacht hatte. Nach drei Tagen konnten er und seine Kameraden die Kompressionskammer verlassen. Doch wie hatte Chris es geschafft eine halbe Stunde, ohne Sauerstoff zu überleben? Normalerweise stirbt der Mensch nach zehn Minuten ohne Luft. Zumindest das Gehirn des Sättigungstauchers müsste schwere Schäden erlitten haben.
33. Wie überlebte Chris Lemons 33 Minuten in der Tiefe?
Weder Chris noch jemand anders hatte eine Erklärung dafür, wie er überlebt hatte. Während seines Interviews in der Sendung „This Morning“ legte Chris Lemons einige seiner Theorien dar. „Die Kälte hat es in die Länge gezogen. Aber ich glaube auch, dass mein Gewebe mit dieser hohen Konzentration an Sauerstoff gesättigt war.….. meine Organe fanden einen Weg nicht zu sterben“.
Bei einem traumatischen Vorfall erinnert man sich oft nicht mehr an das ganze Geschehen. Während man sich im Adrenalin-Modus befindet, werden bestimmte Aspekte verstärkt und andere kaum wahrgenommen. Chris kann sich nicht einmal an ein Kältegefühl erinnern, obwohl es am Meeresgrund fast eiskalt ist.
34. „Last Breath“
Chris kann sich nicht einmal wirklich daran erinnern, dass er sich kalt angefühlt hat, obwohl der Meeresboden fast eiskalt ist. Er erinnert sich an den gesamten Vorfall, aber die Tatsache, dass er sich nicht daran erinnert, dass er sich kalt gefühlt hat, lässt ihn daran zweifeln, ob er vielleicht ein bisschen weniger klar war, als er gedacht hatte.
Im Dokumentarfilm „Last Breath“ spricht Chris Lemons in einem Interview darüber, wie er den Vorfall erlebte. Im Film sind auch Interviews mit Dave Yuassa, Duncan Allcock und seiner Verlobten Morag Martin zu sehen. Der Film ist auch eine Live-Dokumentation des Geschehens. Ein Bild sagt mehr als 1000 Worte und das Videomaterial ist wirklich unbezahlbar. Es hilft, Chris Lemons tragische Geschichte zu erzählen. Wie geht die Lebensgeschichte des geretteten Tauchers nun weiter?
35. Die Sicherheit von Tauchern verbessern
Chris erholte sich erstaunlich schnell. Niemand wusste, in welchem Zustand er sein würde, als sie ihn fanden. Selbst wenn er am Leben wäre, bestünde eine sehr große Chance, dass er einen Hirnschaden erlitten hätte. Erstaunlicherweise hat er die Tragödie unbeschadet überstanden. Dieser Vorfall inspirierte nicht nur einen Dokumentarfilm, die Erfahrung wurden genutzt, um die Sicherheit von Tauchern auf der ganzen Welt zu verbessern.
Kaum zu glauben, aber der erstaunlichste Teil der Geschichte kommt erst noch. Nach so einem traumatischen Erlebnis, spielt man sicher mit dem Gedanken seinen Beruf an den Nagel zu hängen. Wir fragen uns, wie ging Chris Lemons mit diesem Erlebnis um?
36. Drei Wochen später
Hat Chris Lemons seinen Lebensstil geändert? Nein, der unbeschwerte, tatkräftige Sättigungstaucher tat nichts dergleichen. Sechs Monate nach seiner Genesung heirateten Chris und Morag wie geplant. Auch heute sechs Jahre nach der Heirat sind sie immer noch verliebt wie am ersten Tag.
Drei Wochen nach dem Vorfall kehrten Chris Lemons, Dave Yuasa und Duncan Allcock in die Tiefe zurück, um die Arbeit zu beenden, die sie am Grund der Nordsee begonnen hatten. Sieben Jahre später arbeiten sie immer noch häufig auf demselben Boot zusammen. Chris denkt immer noch über den Vorfall nach und fragt sich, wie genau er überlebt hat. Nichts würde ihn je davon abbringen, seiner Leidenschaft nachzugehen. Tauchen ist seine Lebensaufgabe.
37. Die wichtigste Taucherregel
Die Wasserwelt zu erforschen kann ein magisches Erlebnis sein. Es ist jedoch für die eigene Sicherheit wichtig, gut vorbereitet zu sein, bevor man sich auf diese Reise begibt. Ob als Freizeit- oder Berufstaucher, die wichtigste Regel beim Tauchen ist, dass man niemals alleine unter Wasser geht.
Das Divers Alert Network (DAN) verfügt über eine Notfall-Rufnummer und Personal, das man kontaktieren kann, wenn man die Hilfe eines erfahrenen Tauchers benötigt. Es wird jedoch eindringlich empfohlen ausschließlich in Begleitung eines erfahrenen Tauchers zu einem Tauchgang aufzubrechen. Auch in dieser Geschichte ist es so gewesen, ohne Dave hätte Chris nicht gerettet werden können.
38. Vorbereitungen für Ihr Tauchabenteuer
Stellen Sie sicher, dass Sie über den Tauchplatz Bescheid wissen, bevor Sie ins Wasser springen. Bereiten Sie sich gründlich auf den Tauchgang vor und halten Sie einen Notfallplan bereit. Es gibt großartige und beeindruckende Tauchmöglichkeiten auf der ganzen Welt. Beschäftigen Sie sich vorher mit dem jeweiligen Gebiet, denn das Gelernte kommt Ihnen und der Umwelt zugute.
Werden Sie in seichten oder tiefen Gewässern tauchen? In welchem Teil der Welt werden Sie tauchen? Welche Art von Ausrüstung wird nötig sein? Welchen Tieren werden Sie dort begegnen und wie werden Sie sich ihnen nähern? Wo auch immer auf der Welt Sie sich für ein Tauchabenteuer entscheiden, wir sind sicher, dass es eine lebensverändernde Erfahrung sein wird!